Viertakter für den Wartburg 1.3

Viertakter für den Wartburg 1.3

Lehrlinge von VW-Göthling rekonstruierten Motor für die ,,automobile welt eisenach“

VON LUDGER KONOPKA (Text und Fotos)

EISENACH. Das war echte Teamarbeit. In rund 70 Arbeitsstunden, oder 700 Arbeitswerten (1 Stunde = 10 Arbeitswerte á 6 Minuten), haben die Lehrlinge des Autohauses Göthling einen unvollständigen Viertakt-VW-Motor für die ,,automobile welt eisenach“ (awe) rekonstruiert. ,,Aber eigentlich haben wir die Arbeitsstunden nicht mitgezählt“, sagt Jan Peternell, Azubi zum Kfz-Mechatroniker im dritten Lehrjahr, schmunzelnd. Es habe schließlich allen ,,Nachwuchsschraubern“ unheimlich viel Spaß gemacht, einen Oldtimer-Motor komplett neu aufzubauen. Geführt wurden sie dabei von Werkstattmeister Frank Wenzel.

Zum Team gehörten auch Kfz-Mechatroniker Vit Urbanek und die Azubis Michael Gross (2. Lehrjahr), David Füllenberg (3. Lehrjahr) und Alexander Franke (2. Lehrjahr). Von dem Motor, der im Fundus des Museums schlummerte, gab es nur den Block, den Zylinderkopf und eine Kiste voller Kleinteile. ,,Für die Rekonstruktion konnten sich die Jungs nur auf Mikroplanfilme stützen. Mit dem dazu organisierten Lesegerät entschlüsselten sie dann die Nummern der fehlenden Bauteile“, erzählt Maik Knötig, Serviceleiter im Autohaus Göthling. ,,Einen Golf 2 oder Polo, in denen dieser Motor eingebaut wurde, konnten wir natürlich nicht bekommen.“ In akribischer Kleinarbeit beschafften die Lehrlinge so nicht nur den Zündverteiler, sondern auch sämtliche Dichtungen und Flansche.

Angefangen hat die ,,Neubau“-Geschichte jedoch bei einem Blutspende-Termin im Autohaus. Klaus-Dieter Fiesinger, Leiter des awe-Museums, wollte auch seinen Lebenssaft spenden und erzählte dabei von dem VW-Motor, der quasi auf seine Wiedergeburt wartete. ,,Wir waren uns schnell einig, daß die Rekonstruktion des unvollständigen Motors eine tolle Aufgabe für unsere Lehrlinge ist“, sagt Maik Knötig lächelnd.

Der 1300-ccm-Motor gehört zur sogenannten Alpha-Motorenbaureihe, hat 58 Pferdestärken und wurde 1984 vom damaligen Klassenfeind-Unternehmen VW zu Versuchszwecken an das Eisenacher Automobilwerk (AWE) in die DDR geliefert. Dazu spendierte VW den AWE-Ingenieuren noch eine ausrangierte Fertigungslinie für diesen Motortypen. Als Gegenleistung sollten Motoren aus Karl-Marx-Stadt an Volkswagen geliefert werden. Die produzierte Qualität entsprach allerdings nicht den VW-Normen. ,,Und ehrlich gesagt, wäre die DDR auch nie in der Lage gewesen diese zu erfüllen“, erinnert sich Günter Herrmann, damals Technischer Direktor im VEB AWE.

Der Wartburg 353 wurde mit langer Bastelei zum Einbau des Vierzylinder-Viertakt-Motors entsprechend modifiziert, denn für den Quereinbau war der VW-Motor eigentlich ungeeignet, wie Günter Herrmann bei der Übergabe des restaurierten Kraftpaketes erzählt. Für Gespött auf Eisenachs Straßen sorgte damals ein ,,Riesenschnauze“-Wartburg mit langer, buckliger Motorhaube. Die war nötig, weil der Motor testweise längs eingebaut wurde. Am 12. Oktober 1988 ging der Wartburg 1.3 endlich in Serie, von dem über 150 000 Exemplare bis zum 10. April 1991 vom Band liefen.

Der Motor-Oldtimer ist nun im Museum “automobile welt eisenach” in einer Reihe weiterer Triebwerke zu bestaunen, die im Laufe der Jahrzehnte in die verschiedenen Fahrzeuge aus Eisenacher Produktion eingebaut wurden. Schon da zählte man die Arbeitsstunden der Teams…….